Tausche Angst gegen Nichts

 

Es gibt Situationen, im Leben von uns Menschen, in denen wir das Gefühl haben, scheinbar vor dem NICHTS zu stehen. Es kann eine Form annehmen, wie Verlust, Tod oder Krankheit. Ein anderes Mal bleibt es unsichtbar und formlos und verbreitet ebenso Angst und Schrecken.

 

Genau dieses NICHTS klopft gerade an meine Tür. Klopf. Klopf. Ich warte kurz, lausche, dann stehe ich auf, gehe zur Tür und öffne. Ich sehe mich um. Sehe, höre, fühle, rieche – nichts! Schließe die Tür wieder. Nehme auf meiner Couch Platz. Eigentlich will ich über die Herz-Intelligenz schreiben, habe bereits mein Notizbuch in der Hand, doch ganz unaufdringlich mischt sich wieder das Nichts dazwischen.

 

Himmel noch mal. Was soll das? Wo bist du? Was willst du von mir? Die Situation bereitet mir Unbehagen, macht mir sogar ein wenig Angst. Ruhig Blut, Manuela. Ich besinne mich, schnaufe durch, erinnere mich. Ignorieren löst für gewöhnlich keine Schwierigkeiten, Angst haben ebenso wenig, wegsehen hilft in diesem Fall auch nicht. Der Gast ist schon unsichtbar. Was nun? Ich probiere es mit meiner Gemeinwaffe. Nein, kein Laserschwert, kein Zauberstab, kein Kryptonit. Meine Geheimwaffe nennt sich STILLE.

 

Ich werde still, lausche nach innen, nehme mich selbst an der Hand, fühle die Berührung, werde ruhig, lasse geschehen, gebe mich der Situation hin. Das Nichts ist immer noch da und doch, die Angst wird weniger, ich kann meine Wut zügeln und meine Hilflosigkeit in den Griff kriegen. Gefühle, die mich manchmal überrollen, werden zu Gästen, zu Bekannten, sogar zu Freunden.

 

Nichts, Formlosigkeit, Stille. Immer wieder begegnen mir diese Begriffe. Ich will sie genauer kennen lernen. Sehe und höre mich in der Welt um. Gehe vor meine Haustür. Ich stolpere über Lärm und Schnelligkeit.

 

Ich beobachte Bekannte von mir. Während der Woche leben sie in Wien, am Wochenende zieht es sie aufs Land. Mir fällt auf, anstatt sich an der Ruhe zu erfreuen, produzieren sie Lärm, durch Luftdruckgewehr-Zielschießen und Enduro-Wettfahrten. Keine Stille. Womöglich haben sie Angst vor ihr? Angst, vor dem Nichts Tun, dem Verweilen, dem einfach da sein, dem angekommen sein?

 

Das Nichts und die Stille. Dem einen sind sie verhasst, dem anderen willkommen und wohl gesonnen. Wie stehe ich dazu? Ich betrachte sie von unterschiedlichen Blickwinkeln.

 

Folgende Situation: Ich bemerke, wie müde ich bin, setze mich hin, bin bei mir, schließe meine Augen, werde ruhig, zentriert, konzentriere mich, beobachte meine Energien, sammle neue Kraft. Ich tue scheinbar nichts und bin gleichzeitig aktiv.

 

Andere Möglichkeit: Ich habe Angst, werde von ihr überflutet. Ich begebe mich in den Bereich hinter Gedanken und Gefühlen. Benutze das Innehalten, eine Form von Achtsamkeit, von Nichts Tun. Bin präsent, beobachte, lenke meine Aufmerksamkeit. Weg von den Gefühlen und Gedanken, hinein in den Körper. Ich konzentriere mich auf meinen Atem, mein Herz, den Kontakt meiner Füße zum Boden. Fühle mich bald sicher, werde ruhig.

 

Ich bin dankbar. Dankbar dafür Werkzeuge an der Hand zu haben. Sie sind unsichtbar, nur in meinem Geist vorhanden und gleichzeitig unglaublich hilfreich. Sie wirken und bewirken Unglaubliches, womit ich wieder beim Nichts bin, beim Unsichtbaren, beim Formlosen.

 

Nicht immer habe ich die Methoden sofort griffbereit. Ab und zu überrascht mich das Leben, mit etwas Unerwarteten oder Schmerzhaften. Dann kann es passieren, dass ich für einen Moment wie gelähmt bin, erstarre, unter Schock stehe. Doch für gewöhnlich schüttle ich ihn bald wieder ab, den Schock. Löse mich aus der Starre, werde handlungsfähig, kann größeres Unheil abwenden. Erinnere mich. Erinnere mich an meine Schatzkiste, meine Werkzeuge, meine Hilfsmittel.

 

Ich erinnere mich an noch etwas. An ein Bild. Es befindet sich in meinem Schlafzimmer. Ich habe es in einem Workshop für Kunst- und Kreativtraining gemalt. Es stellt mich selbst dar. Das Besondere daran? Die Leere, die Leere in meinem Kopf, das Nichts, die Formlosigkeit – keine Bilder, keine Gedanken.

 

Ich mag dieses Bild, betrachte es oft, erfreue mich daran, lasse es auf mich wirken.

 

Was flüsterst du liebe Stille? Genug geplaudert? Stimmt! Ganz schön viele Worte, um NICHTS.

 

Ich beende diese Erzählung, mit einem Zitat von Frank Kinslow. „ Was auch immer ich versuchte, nichts funktionierte. Und dann kam mir die Erkenntnis. NICHTS funktioniert!“